heading south
Montag, 20. Juli 2009 14:28
Nach diesem Interviewmarathon (der mehr oder weniger anhält), ging es auf dem Globus nach unten (Grüsse….). Vorher aber noch zu ACME, oder besser Dean Cannard, einem der Lackierer vor Ort. Und Lack (oder Pulver), das ist ein Nadelöhr in dem Geschäft. Es gibt Leute, die bauen in Titan, damit sie das Ergebnis nicht jemand anderem zur endgültigen Be-Oberflächung überlassen müssen. Eins der Gerüchte um Custom-Rahmen ist der One Armed Painter, dessen Schwiegermutter im Sterben liegt und der deshalb die Schüssel doch nicht mehr in den nächsten sechs Monaten fertig bekommt… Also, Dean meint, so Sachen kommen vor. Der Mann kann einiges, er scheint nur teilweise etwas überfahren von der Nachfrage, die dieses spriessende Rahmenbaunest generiert. Und so generiert es sich halt Alternativen, wie zum Beispiel Coat unter den Fittichen von Sacha White (Vanilla), aber dazu kommen wir später. Dean erzählte mir zwei Stunden lang und die lichtdurchflutete, grosse Werkstatt erlaubte mir auch endlich mal gute Innenansichten. Die jüngeren Ursprünge (nicht nur) Portland’scher Lackiererei liegen übrigens in der massenhaften Specialized- bzw. S-Works-Beschichtung. Stosse ich immer wieder drauf.
Und ab in den Süden (von Oregon). Der nächste Lackierer wartet, Keith Anderson. Lackierer treffen macht Sinn, weil durch deren Hände viele Rahmen von sonstwoher gehen und die einiges sehen, hören, mitbekommen. Und Keith gehört zu den Leuten im südlichen Oregon, deren Websites nicht so fancy, die aber schon etwas länger im Geschäft sind. Und eine andere Generation, wahrscheinlich nicht nur die Websites betreffend. Landshark, DeSalvo, Keith Anderson, ausserdem noch Jeff Jones, Wolfhound…alle hier, verstreut im Gelände. Und so schaffe ich es dann zwar mit den angedachten viereinhalb Stunden Autofahrzeit nach Grants Pass, suche dort aber noch über eine halbe Stunde rum, weil Google Maps die eine Sackgasse nicht kannte. Keith war gesprächig aber meine Zeit leider begrenzt.
Rahmen baut er übrigens auch, zum Beispiel den 24-Zöller hier. Aber er hat fast vollkommen umgesattelt auf Lackierung, vor Jahren schon. Warum? Weil man damit halbwegs Geld verdienen kann, besser als mit Rahmen (das muss nicht viel heissen…). Und meine Frage war dann, wieso alle Welt Rahmenbauer sein will und damit ein verdammt hartes Business starten, anstatt Lackierer zu sein. Warum gibt es keinen aufstrebenden Lackierer-Star, Gestaltungsmöglichkeiten sind ja da?
Rein ins Auto und eine Stunde weiter, nach Ashland, zum United Bicycle Institute, UBI. Ich bin zu spät (die Sackgasse), ballere über den Interstate, versuche nebenbei den Ipod für’s nächste Interview nachzuladen, es ist heiss…und dann ist er trotzdem irgendwie leer, der Akku vom Ipod. Egal, schauen wir uns erstmal um:
Was passiert hier? Mechanik- und Rahmenbaukurse (Stahl/Titan), in zwei grossen Räumen, von denen zumindest einer ständig belegt ist, Gastlehrer wie Paul Sadoff, Jim Kish, Mike DeSalvo oder auch Stammpersonal wie Gary Mathis (ex Fat Chance/IF) sprechen für sich. Im Februar 2008 waren bis zum November alle Kurse ausgebucht, die Schule besteht seit 1981 und hat Kunden weltweit. Heisst: Es gab schon Leute, die aus Australien für einen Mechanikkurs eingeflogen sind. Zwei Wochen Räder auseinander nehmen und zusammen setzen. Jedenfalls ist die Schule definitiv ein Einfallstor für die aktuelle Rahmenbauwelle, auch wenn ich bei meinen Interviews oft auch auf andere “Lehrstellen” stosse. Wie bereits erwähnt wird UBI noch in diesem Jahr eine “Zweigstelle” in Portland eröffnen (Pressemitteilung [pdf]), eine Woche später traf ich dann auch abermals Ron Suthpin, Gründer und Chef, diesmal in Portland.
Das wird die neue Bikeschool, und wenn sich alles so entwickelt, wie Ron & Co. sich das vorstellen, wird auch diese Dependance brummen, mit ausgeklügelten Angeboten und Partnern vor Ort könnte sich gar eine Art Campus entwickeln. Und: Portland ist wesentlich einfacher zu erreichen als Ashland, es gibt Direktflüge aus Asien und Europa. Dass das United Bicycle Institute USA-weit einzigartig ist, vermutet man schon, hier noch ein paar Zahlen: Bisher 12.000 Schüler und Schülerinnen aus 40 verschiedenen Ländern, davon 30% von der amerikanischen Westküste, 10% aus Kanada, insgesamt ca. 10-15% Teilnehmerinnen. Einer solchen “Women Only”-Klasse hatten wir nach dem Rundgang auch das Bier und Abendessen zu verdanken, das fast die gesamte Belegschaft dann am Abend zu sich nahm. Ein Dankeschön des letzten Kurses. Irgendwann fragte Ron, wo ich schliefe (tent or car…), um mich kurz darauf bei John & Kelly einzuquartieren. John arbeitet im UBI. Die beiden haben ein komfortables Gästezimmer und machen ausserdem ein ausgezeichnetes Frühstück.
Danach besahen wir uns die Independence Day Parade in Ashland (mehr Bilder ab hier) und ich machte mich auf in Richtung Nordost. Mein Ziel war Crater Lake, ein vollgelaufener Vulkankrater, mit 594 m zweittiefster See Nordamerikas und relativ hoch gelegen, man fährt also aufwärts zum See. Auf dem Weg dahin endlose Wälder, beklebte Autos, Postkartenaussichten und dieser Blick: Die Gipfel am Horizont gehören zum Krater. Oben sieht das so aus:
Beeindruckend, Schneekontakt, leider nicht alle Pfade begehbar. Und danach ging es dann doch noch auf eine Nachtfahrt, zurück in den Norden, beleuchtet von Feuerwerken und Gewitterblitzen, durch ein Indianerreservat und endlose Nadelwälder, auf denen ab und zu ein Truck zu überholen war und sonst nichts. Open Space, wie man’s nimmt.
In a bit:
G.
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